Recap SMX London 2015

Die weltweite SMX-Konferenzserie gehört ohne Zweifel zu den besten Veranstaltungen, die es im Bereich SEO/SEA gibt. Nachdem ich zuletzt im Herbst 2014 an der SMX East in New York mit Schwerpunkt lokale Suche teilgenommen habe, war ich nun vom 19. – 21.05.2015 in London bei der dortigen Konferenz sowie vorab einem ganztägigem Workshop zum Thema Content Marketing.
Besonders auffällig war die extrem internationale Teilnehmerschaft der Konferenz. Geschätzt mehr als 50% der Konferenzbesucher kamen nicht aus Großbritannien, sondern vor allem aus Skandinavien, Frankreich oder Osteuropa. Dies liegt sicherlich zum einen an der leichten Erreichbarkeit, hohen Attraktivität und fehlenden Sprachbarriere des Standorts London, zeigt aber andererseits auch, dass die Konkurrenz in UK sehr groß und die SMX daher nicht zwangsläufig die erste Wahl für lokale Experten aus dem Suchmaschinenmarketing ist.
Das Konferenzprogramm war in einen SEO und einen SEA-Track geteilt, wobei man jederzeit zwischen den beiden Tracks wechseln konnte. In der Folge möchte ich gerne die wichtigsten Erkenntnisse der Sessions zusammenfassen, an denen ich teilnehmen konnte. Da nicht alle Inhalte für lokale Dienstleister gleichermaßen interessant sind, konzentriere ich mich bei meinen Ausführungen auf die Themen, die auch im Kanzleimarketing für Rechtsanwälte in besonderem Maße relevant sind.

Keynote von Google
Amazing Paid Search Tactics and Tools
Conversion Rate Rockstars
Taking Retargeting to the Next Level
The Most Common SEO Mistakes and How to Fix Them
Penguin Prevention – Link Acquisition and Audit Techniques You Need to Know
Winning Strategies with Facebook Ads
Fazit

Keynote von Google:
Eingeleitet wurde die Veranstaltung durch eine Keynote von Maile Ohye (Developer Programs Tech Lead). Wie so viele Vorträge von Google war auch dieser leider eher wenig konkret und blieb zumeist im Bereich von Visionen.
Trotzdem behandelte Maile einige Punkte, die auch für die tägliche Praxis im Online Marketing von Interesse sind. Dazu gehört sicherlich die Bestätigung, dass demnächst ein separater Index für mobile Suchergebnisse kommen wird, da die Unterschiede zum Index für Desktop-Seiten einfach zu groß sind. Im selben Zusammenhang wurde die Vermutung geäußert, dass die Einschätzung der „Mobile Friendliness“ einer Website durch Google in Zukunft granularer werden dürfte. Im Moment wird hier ja noch binär gearbeitet, d.h. Google unterscheidet lediglich zwischen gut und schlecht, wobei sich erstere Einschätzung durch den Zusatz „Für Mobilgeräte“ in den Suchergebnissen ausdrückt. Als weitere Rankingfaktoren, die vor allem für die mobilen Suchergebnisse eine größere Rolle spielen dürften, wurden der Einsatz von Interstitials oder Pop-Ups (schlecht!) sowie die Ladegeschwindigkeit einer Website genannt.
Diese Punkte betonen die Bedeutung, die Google bereits seit längerer Zeit auf die optimale Ansprache von mobilen Nutzern legt. Allerdings haben viele Kanzleien dieser Tatsache immer noch nicht Rechnung getragen und arbeiten weiterhin mit Homepages, die nicht für die Darstellung auf mobilen Endgeräten optimiert sind. Hier gibt es definitiv noch enormen Nachholbedarf.

Amazing Paid Search Tactics and Tools:
Die hier aufgezeigten Techniken richten sich in erster Linie an große Advertiser, deren AdWords Kampagnen eine komplexe Struktur mit sehr vielen Kampagnen, Anzeigengruppen und Keywords aufweisen. Für kleine und mittlere Unternehmen können diese Ansätze daher nur ansatzweise übertragen werden:
Vivien Tombs von Periscopix plädierte für die stärkere Verwendung von Labels, z.B. für die Kennzeichnung von Tests oder bei Besonderheiten im Zusammenhang mit der Performance eines Keywords oder eines Anzeigentextes.
Über Ad Customizers können Anzeigentexte automatisch verändert werden, was z.B. für die Einrichtung eines Countdowns hilfreich sein kann, der automatisch die Stunden oder Tage bis zum Ablaufen eines Sonderangebots herunter zählt. Auch dieses Feature dürfte in erster Linie für E-Commerce Kampagnen Sinn machen.
Interessant erschienen mir die vorgestellten Einsatzmöglichkeiten von sog. Multiple Ad Group Tests. Hierüber könnte es möglich sein, über mehrere Kunden-Konten hinweg die Verkaufsargumente von Rechtsanwälten zu identifizieren, die für die jeweiligen Rechtsgebiete wirklich funktionieren. Wir werden uns diese Funktionalität demnächst einmal etwas genauer ansehen.

Arnie Kuenn bei seinem Content Marketing Workshop
Arnie Kuenn bei seinem Content Marketing Workshop am Vortag der SMX London 2015

Conversion Rate Rockstars:
Das Thema “Conversion Optimierung” habe ich persönlich schon immer für extrem wichtig gehalten. Zum kleinen Einmaleins des Online Marketings gehört nämlich die Erkenntnis, dass es einfacher ist, vorhandenen Traffic besser in Leads zu wandeln als zusätzlichen Traffic zu gewinnen (z.B. durch verbesserte Suchmaschinenoptimierung).
Die Vorträge in dieser Session waren durchweg interessant, brachten aber leider keine wirklich neuen Erkenntnisse. Angestoßen wurde allerdings eine interessante Diskussion zur alten Frage mSite vs. responsive Design. Während der Trend in der Webentwicklung klar zur Erstellung von Websites im sog. „responsive Design“ geht (d.h. es gibt lediglich eine einzige Website, deren Darstellung sich automatisch an die Bildschirmgröße des Nutzers anpasst), wäre mit Blick auf das Thema Conversion Optimierung eigentlich die Nutzung von speziellen mobilen Webseiten (sog. „mSites“) zu empfehlen. Conversion Optimierung für Smartphones funktioniert nämlich ganz anders als für Desktop-Geräte, denn tendenziell gilt hier mit Blick auf die limitierte Bildschirmgröße der Grundsatz „weniger ist mehr“. Daher kann es bspw. durchaus Sinn machen, bei der Darstellung auf Smartphones Elemente auszublenden, die eigentlich als unverzichtbar erscheinen. Dies ist technisch allerdings nur dann sauber möglich, wenn für Nutzer von Mobilgeräten eine spezielle mSite vorhanden ist.

Taking Retargeting to the Next Level:
Retargeting ist besonders auch für Rechtsanwälte ein sehr interessantes Marketing-Instrument. Dies liegt zum einen daran, dass regelmäßig der Entscheidungsprozess des Mandanten relativ lang ist, d.h. es können je nach Rechtsgebiet mehrere Tage oder sogar Wochen zwischen dem ersten Besuch der Homepage und der tatsächlichen Kontaktaufnahme mit der Kanzlei vergehen. Der Einsatz von Retargeting erlaubt es nämlich, während dieser Zeit mit dem potenziellen Mandanten in Kontakt zu bleiben, so dass dieser die Kanzlei auf jeden Fall im Hinterkopf behält. Dies kann gerade dann den Ausschlag geben, wenn der Mandant sich noch nicht zwischen mehreren Rechtsanwälten entschieden hat.
Grds. ist im Retargeting immer eine Segmentierung der markierten Nutzer zu empfehlen. Dies sollte bereits bei der Festlegung der URL-Struktur einer Website berücksichtigt werden, da unterschiedliche Zielgruppen beim Google Remarketing am einfachsten über die entsprechenden URLs angelegt werden können. So kann im Rahmen der Retargeting-Kampagne bspw. zwischen Nutzern, die nur den Blog der Kanzlei besucht haben (Information) und Nutzern, die sich konkret mit den Beratungsleistungen in einem bestimmten Rechtsgebiet auseinandergesetzt haben (Transaktion), unterschieden werden. Diese Differenzierung äußert sich dann z.B. in unterschiedlichen Klickpreisen, Anzeigentexten oder Keyword-Optionen, die zum Einsatz kommen.

The Most Common SEO Mistakes and How to Fix Them:
In unserer täglichen Arbeit sind wir immer wieder über die schlechte OnPage-Optimierung vieler Kanzlei-Homepages überrascht. Verantwortlich dafür sind aber natürlich nicht die Anwälte, sondern deren Web-Agenturen. Diese werben zwar fast alle mit SEO-Erfahrung- und Kenntnissen, in der Praxis ist davon oft aber leider nur wenig zu sehen. Doppelte Inhalte (Duplicate Content) kommen vor allem dann vor wenn Rechtsanwälte mehrere Websites betreiben und sind ebenso keine Seltenheit wie die mehrfache Verwendung von Meta-Descriptions oder Title Tags.
Angesichts der stetig steigenden Smartphone-Nutzung ist die Ladegeschwindigkeit einer Website inzwischen zum Rankingfaktor geworden. Daher sollten Grafikdateien unbedingt komprimiert werden und nach Möglichkeit das JPG-Format verwendet werden. Empfohlen wurde auch die Verwendung von optimierten Bildnamen, wobei das Abrutschen in den Bereich des Keyword-Spam natürlich auf jeden Fall vermieden werden muss. Für Rechtsanwälte sind beide Punkte allerdings eher weniger relevant, da die meisten Kanzlei-Homepages nicht viele Grafikdateien enthalten.
Wer seine Homepage auf Basis von WordPress betreibt, sollte die dortigen Language Settings überprüfen.
Im Bereich des Linkaufbaus geht der Trend ganz klar zu „Masse statt Klasse“ und auch die meisten Kunden haben erkannt, dass die Zeiten von „50 Links für 99,- EUR“ lange vorbei sind. Links werden allerdings immer noch gekauft, obwohl Google dieser Praxis schon vor langer Zeit den Kampf angesagt hat. Wer also glaubt, schlauer als Google zu sein, darf sich über eine Abstrafung nicht wundern.

Penguin Prevention – Link Acquisition and Audit Techniques You Need to Know:
Durch das Penguin Update im April 2012 sind Webseiten abgestraft worden, die beim Linkkauf gegen die Google Webmaster Richtlinien verstoßen haben. Diese Seiten haben durch das Update massiv an Sichtbarkeit verloren bzw. sind komplett aus dem Index verschwunden.
Um sich vor einer Abstrafung wegen unnatürlicher Links zu schützen, dürften die folgenden Hinweise nützlich sein:

• Jeder Webmaster sollte regelmäßige Link-Audits durchführen, wobei auf entsprechende Tools zurückgegriffen werden kann. Deren Ergebnisse sollte man aber unbedingt manuell überprüfen.
• Schlechte Links sollten auch dann entfernt werden, wenn die Webseite nicht von einem Penalty betroffen ist. Auch einzelne Links haben einen Effekt.
• Definitiv unter Beobachtung durch Google stehen die folgenden Linkbuilding-Praktiken: Pressemeldungen und Gastbeiträge mit über-optimierten Linktexten, Einträge in Link-Verzeichnissen und Verlinkungen aus Foren-Signaturen. In Zukunft wird Google sich voraussichtlich stärker mit dem Thema „Broken Link Building“ beschäftigen.

Wer von einer manuellen oder algorithmischen Abstrafung betroffen ist, sollte unbedingt einen kompetenten und vertrauenswürdigen Dienstleister mit der Bearbeitung beauftragen, denn diese Arbeit ist sehr aufwändig und erfordert außerdem eine gewisse Kreativität beim Abbau der dubiosen Backlinks sowie den Einsatz spezieller Technologien.

Winning Strategies with Facebook Ads:
Social Media im Allgemeinen und Facebook Advertising im Besonderen sind überaus spannende Themen für Rechtsanwälte, mit denen auch wir uns in jüngster Zeit verstärkt beschäftigen und die in Zukunft sicherlich an Bedeutung gewinnen werden. Die Stärken von Facebook aus Marketing-Sicht sind dabei die große Reichweite sowie die zahlreichen Kampagnentypen und Targeting-Möglichkeiten.
Allerdings funktioniert Facebook Advertising komplett anders als Suchmaschinenmarketing, daher müssen Erwartungshaltung und Vorgehensweise entsprechend angepasst werden:

• Facebook-Nutzer haben i.d.R. keine unmittelbare Kaufabsicht und kennen Ihre Kanzlei nicht (fehlender Trust).
• Anzeigen bei Facebook sollten darauf ausgerichtet sein, Likes oder Shares zu generieren. Dadurch wird aus der Anzeige eine persönliche Empfehlung des jeweiligen Nutzers. Anzeigen, die auf die direkte Kontaktaufnahme des Nutzers ausgerichtet sind, funktionieren erfahrungsgemäß weniger gut, wobei das Thema Retargeting definitiv eine Ausnahme darstellt.
• Facebook steht üblicherweise am Anfang des Kaufentscheidungsprozesses und ist daher gut geeignet zur Generierung von Leads oder zum Aufbau einer Retargeting Population.

Using Paid Social and Native Ads to Amplify Reach:
Wer das Thema Content Marketing bereits für sich entdeckt hat, kann durch den Einsatz bezahlter Anzeigen bei Plattformen wie Facebook, Outbrain oder Ligatus zusätzliche Reichweite für seine Themen generieren. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kampagne sind dabei die Bereitstellung von möglichst visuellem Content sowie die sorgfältige Wahl der Artikel-Headlines. Erfahrungsgemäß funktionieren Listen („Die 10 teuersten Scheidungsverfahren der Welt“) und How-To Texte („Wie kann…„) am besten.

Fazit:
Die SMX London 2015 war eine perfekt organisierte und gelungene Veranstaltung in gewohnter SMX Qualität. Anders als auf der SMX East in New York spielte das für mich in erster Linie relevante Thema lokale Suche aber leider kaum eine Rolle. Die Sessions waren durchweg informativ und ich konnte eine Vielzahl von Anregungen und Ideen für die tägliche Arbeit mit unseren Kunden mitnehmen. Dies alles hätte man allerdings vermutlich auch auf der SMX in München in vergleichbarer Qualität erfahren können. Einen echten Mehrwert für mich hat die Konferenz daher vermutlich in erster Linie aufgrund des Content Marketing Workshops am Vortag geschaffen.

 

Über den Autor

Lars Hasselbach ist Gründer und Geschäftsführer von AdvoAd, einer auf Rechtsanwälte spezialisierten Agentur für Online Marketing. Er arbeitet seit 2005 mit Google AdWords und war u.a. Lehrbeauftragter für Suchmaschinenmarketing an der Hochschule Darmstadt. Außerdem verantwortete er über mehrere Jahre die AdWords-Kampagnen der Deutschen Telekom und von E-Plus.